Kunststoff recyceln: Ein Geschäftsmodell?

17 min lesen 17 Januar 2019
Im Jahr 2021 wurden weltweit ca. 391 Millionen Tonnen Kunststoff aus Erdöl hergestellt, davon rund 21 Millionen Tonnen Kunststoff in Deutschland. Behalten wir unsere Lebensweise und unsere Gewohnheiten bei wie bisher, geht man davon aus, dass sich dieser Wert bis 2050 sogar vervierfacht, auf 1124 Millionen Tonnen.
Nur knapp die Hälfte des Kunststoffabfalls wird recycelt. Welche Probleme und welche Möglichkeiten gibt es beim Kunststoff recyceln?
Plastikmüll ist ein großes Thema und das nicht erst, seit Politiker sich auf ein Verbot für Einweggeschirr, Strohhalme oder Wattestäbchen geeinigt haben. Für den Verbraucher klingt das gut, inzwischen wird der Schrei nach kunststofffreier Verpackung immer lauter. Eine sinnvolle und wichtige Entwicklung. Und doch gilt es auch hier zu differenzieren.

Recyclingquoten in Deutschland

Begrüßenswert: Weniger Plastiktüten und Einweg-Strohhalme in Deutschland. Ein „Plastik-Problem“ haben wir aber dennoch!

Knapp 75 Prozent des deutschen Verpackungsmülls wurden 2020 recycelt. Während die stoffliche Verwertungsquoten für Glas, Aluminium, Stahl, Papier und Karton zwischen 80 und 90% liegen, wird aber nur knapp die Hälfte des Kunststoffs recycelt.

Durchschnittlich 38 Kilogramm Plastikmüll pro Kopf fallen in Deutschland an. Zum Vergleich: Im selben Zeitraum wurden knapp 95 Kilogramm Papiermüll pro Einwohner entsorgt. Betrachtet man den gesamten Haushaltsmüll, macht Plastikmüll mit 8,23 Prozent nur einen geringen Teil des Gesamtvolumens aus. Ein sehr wesentlicher Teil, nämlich mehr als ein Drittel aller hergestellten Kunststoffe, fällt allerdings im Bereich der Verpackung an. 146 Mio Tonnen Plastik landen so, nach oft nur einer Nutzung, im Müll.

Warum fällt überhaupt so viel Verpackungsmüll an? Laut Umweltbundesamt gibt es dafür, unter anderen, diese Gründe: Kleinere Portionen für Single-Haushalte, der Online-Versandhandel und der Trend zum „To go“-Konsum sowie zusätzliche Funktionen wie Dosierhilfen und aufwendige Verschlüsse.

Wofür wird Kunststoff benötigt?

In vielen Bereichen gibt es keinen sinnvollen Ersatz für Kunststoffe:

  • In der Medizin werden Blutbeutel, Einwegspritzen, künstliche Gelenke und Prothesen aus Kunststoff eingesetzt.
  • In der Elektronik werden Kabel mit Kunststoffen isoliert, um Gefahren wie Spannungsüberschlag, Kurzschlüsse und Verletzungen durch Stromschlag zu verhindern.
  • Bei der Herstellung von technischen Geräten wie Computer und Smartphones ermöglicht Kunststoff die Herstellung von kleinen und leichten Bauteilen. Die Verarbeitung von Metallen ist deutlich kostenintensiver und geht mit einem höheren Gewicht einher. Hinzu kommt die wärmeleitende Eigenschaft von Metallen, die im Technikbereich nachteilig sein kann.
  • In der Automobilindustrie, um die Karosserie so leicht wie möglich zu gestalten. Denn je schwerer ein Auto, desto mehr Kraftstoff wird beim Fahren benötigt. Kunststoff hat ein sehr geringes Gewicht und bietet sich mit geringen Produktionskosten für viele Bauteile an.

Warum hat Kunststoff so einen schlechten Ruf?

Rund sechs bis zehn Prozent der weltweiten Kunststoffproduktion landen laut Studie in den Weltmeeren. Bei den Bildern, die die Verschmutzung der Ozeane mit Plastikmüll und die Gefahr für Tiere aufzeigen, wird schnell klar, warum das Thema Emotionen hervorruft. Hinzukommen Mikroplastikpartikel aus der Zersetzung von größeren Plastikteilen in den Gewässern, Abrieb von Autoreifen, Kunststofftextilien oder Kosmetika.

Unternehmen: Die größten Plastiksünder

Greenpeace veröffentlichte Ende 2018 in Zusammenarbeit mit der „Break Free From Plastic“- Bewegung eine Studie, um die Unternehmen mit dem meisten Plastikmüll zu identifizieren. Dafür wurden in 42 Ländern insgesamt 239 Plastik-Reinigungsaktionen durchgeführt und die gefundenen Plastikteile nach Unternehmen sortiert. Der Kunststoffmüll, der die Ozeane verunreinigt ist hauptsächlich Lebensmittelherstellern zuzuordnen, darunter Coca-Cola, PepsiCo und Nestlé, denen zusammen 14% aller weltweit gefundenen (und zuordenbaren!) Plastikabfälle „anzulasten“ sind.

Erziehung mit dem Verpackungsgesetz

Seit Anfang 2019 müssen sich Händler an das neue Verpackungsgesetz (VerpackG)  halten, das die Verpackungsverordnung (VerpackV) ablöst. Kurz zusammengefasst: Verpackungen, die sich mit einem Angebot an private Endverbraucher richten, werden lizenziert. Darunter fallen auch Gaststätten, Krankenhäuser, Büros von Freiberuflern und kleine Betriebe. Unternehmen, die ein Angebot an die sog. „privaten Endverbraucher“ richten, müssen zukünftig auch für die Entsorgungskosten aufkommen. Die Kosten für die Lizenzierung richten sich vor allem nach Art und Menge des Materials: je besser sich die Verpackung recyceln lässt, desto günstiger fällt die Lizenzgebühr aus. Je nach Lizenzgeber kosten 150 kg Karton 75 €, 150 kg Kunststoffe schon 230 €. Naturmaterialien hingegen sind am preisgünstigsten bei der Lizenzierung. Ziel ist es Unternehmen zu mehr nachhaltigen Produkten anzuregen. Die Nachfrage nach umweltfreundlichen Produkten soll somit auch bei der Verpackungsindustrie gesteigert werden.

Ist Plastik besser als sein Ruf?

Früher wurde Plastik als wertvoll, ja als Wundermaterial angesehen. Heute dominieren erschreckende Daten und Bilder, die für die Imagekrise von Plastik sorgen. Doch ist das Anprangern von Kunststoffen gerechtfertigt?

Das eigentliche Problem mit Kunststoffen ist, dass die Kunststoffartikel oftmals eine geringe Halbwertszeit haben, in der Umwelt aber Jahrhunderte überdauern. Dabei gibt es durchaus Bereiche, in denen Kunststoff aus Sicht der Ökobilanz die bessere Alternative ist:

Papiertüten oder Plastiktüten?

Im ersten Moment wird wohl vermutet, dass Papiertüten grundsätzlich umweltfreundlicher sind. Das stimmt nicht zwingend! Denn Plastiktüten sind nicht immer schlecht. Oft wird nicht berücksichtigt, dass bei der Herstellung von Papiertüten fast doppelt so viel Energie benötigt und zudem noch eine deutlich höhere Belastung durch Chemikalien zur Behandlung der Zellstofffasern entsteht. Noch dazu ist Papier empfindlich gegenüber Feuchtigkeit und weniger stabil. Plastiktüten hingegen sind reißfest und langlebiger. Bei Tüten – egal aus welchem Material – kommt es vielmehr darauf an, wie häufig sie verwendet werden, weshalb Plastiktüten einen Vorteil mitbringen. Ebenfalls wichtig ist der Rohstoff aus dem Tüten gewonnen werden: Tüten aus Altpapier und Recyclingkunststoffen sind nachhaltiger als solche aus Frischfaser oder Erdöl.Kunststoff oder Papiertüte

Glasflaschen oder Plastikflaschen?

Neben der Häufigkeit der Verwendung kommt es hier auch auf die Transportwege an. Denn oftmals legen die Flaschen weite Strecken vom Abfüller zum Kunden zurück. Glasflaschen sind per se schwerer als Plastikflaschen. Bei langen Transportwegen ist das geringere Gewicht von Plastikflaschen von Vorteil. Auch bei der Herstellung wird bei Plastikflaschen weniger Energie benötigt als bei Glasflaschen. Weil Mehrwegflaschen als Glas oder Plastik häufiger verwendet werden können, haben sie eine bessere Ökobilanz. Im besten Fall werden Pool-Flaschen verwendet, sie zeichnen sich durch ein einheitliches Design aus und können von unterschiedlichen Abfüllern genutzt werden. Sie müssen nicht für die jeweiligen Hersteller sortiert werden, sondern können regional weitergenutzt werden. Dadurch entfallen etwaige lange Wege für den Rücktransport.Kunststoff oder Glasflaschen

Eingeschweißte Gurken oder unverpackte?

Im Supermarkt ist das angebotene Obst und Gemüse meist mit Kunststoff verpackt. Ist das überhaupt sinnvoll? Auch hier gibt es tatsächlich verschiedene Ansichten. Eine Studie belegt beispielsweise: Eingeschweißte Gurken haben eine bessere Ökobilanz. Warum? Das Plastik schützt vor Transportschäden und reduziert Lebensmittelverluste, äußert sich Nils Rettenmaier, Experte des Instituts für Energie- und Umweltforschung in Heidelberg. Die Verluste bei eingeschweißten Gurken um die Hälfte geringer aus. Aus diesem Grund ist der Einsatz von Plastikverpackungen ökologischer. Im Lebensmittelbereich hat die Kunststoffverpackung noch einen weiteren Vorteil: sie hält Sauerstoff, Feuchtigkeit, Licht und Reifegase von Obst und Gemüse fern und macht es dadurch haltbarer. In diesem Fall sorgt die Verpackung für weniger entsorgte Lebensmittel.gurke in plastik

Wie kann man Kunststoff recyceln?

Auch wenn auf den ersten Blick alles wie Plastik aussieht, gibt es viele verschiedene Kunststoffarten. Altglas kann eingeschmolzen und neu gegossen werden. Bei Plastik ist das leider nicht der Fall. Einige Kunststoffe würden schmelzen, andere chemisch reagieren und dadurch unbrauchbar werden. Je sortenreiner ein Kunststoff vorliegt, desto leichter lässt er sich recyceln.

Es gibt zwar seit Jahren neue Versuchsprojekte zum Recyceln von Plastik, der Königsweg befindet sich jedoch noch nicht darunter. Dabei ist die Wiederverwertung von Materialien schonender für die Umwelt als eine erneute Herstellung. Nicht zuletzt werden Kunststoffe meist aus Erdöl hergestellt: einer begrenzten Ressource.

Warum ist Kunststoff recyceln so wichtig?

Tatsächlich werden in Europa nur 30 Prozent aller Plastikabfälle fürs Recycling gesammelt. Wiederum die Hälfte der für das Recycling gesammelten Kunststoffe wird in Länder außerhalb der EU exportiert. Zum Großteil wird der Plastikmüll aber zur Energiegewinnung verbrannt oder einfach nur deponiert. Dabei entstehen hohe Verluste für Wirtschaft und Umwelt, denn schätzungsweise gehen 95 Prozent des Wertes von Plastikverpackungsmaterialien nach einem kurzen, oft einmaligem Nutzungszyklus verloren. Hinzu kommt die hohe CO2-Belastung durch die Herstellung und Verbrennung von Plastik in Höhe von rund 400 Millionen Tonnen weltweit.

Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken hat sich die EU mit dem Kreislaufwirtschaftspaket ehrgeizige Ziele gesetzt:

  • Bis 2025 sollten mindestens 55% der Siedlungsabfälle (aus Haushalten und Unternehmen) recycelt werden. Das Ziel wird bis 2030 auf 60% und bis 2035 auf 65% steigen.
  • 65% der Verpackungsmaterialien müssen bis 2025 und 70% bis 2030 recycelt werden. Für die unterschiedlichen Verpackungsmaterialien wie Papier und Pappe, Kunststoffe, Glas, Metall und Holz werden gesonderte Ziele festgelegt:
Bis 2025Bis 2030
Alle Verpackungen65%70%
Plastik50%55%
Holz25%30%
Eisenmetalle70%80%
Aluminium50%60%
Glas70%75%
Papier und Pappe75%85%

Aktuell stellt sich die Situation in Deutschland laut Umweltbundesamt  so dar: 99,4 Prozent der jährlich anfallenden rund 5,7 Millionen Tonnen an Kunststoffmüll werden wiederverwertet. Dabei unterscheidet die oberste deutsche Umweltbehörde in die Kunststoffabfälle, die:

  • roh- und wertstofflich genutzt werden. Das waren 35 Prozent (bzw. 5,67 Mio. t) im Jahr 2021.
  • energetisch verwertet werden (64,4 Prozent) – der Großteil davon landet in Müllverbrennungsanlagen
  • beseitigt werden (0,6 Prozent)

Kunststoff-Recycling als Ressource

Der österreichische Energiekonzern OMV AG hat längst erkannt, dass Kunststoffabfälle ein wertvoller Rohstoff sind. Was unvorstellbar klingt ist heute tatsächlich machbar: Mit ReOil-Anlagen wird aus Kunststoff Rohöl zurückgewonnen. Dafür muss der Kunststoff auf eine Temperatur von über 400°C erhitzt werden, durch die hohe Temperatur und die Zugabe eines Lösungsmittels werden die Kunststoffmoleküle zerlegt. Nach dem Vorgang wird das Lösungsmittel wieder herausdestilliert. Es entstehen zwei Produkte: verwertbares Gas und Syncrude, also Rohöl.

In der Raffinerie kann das Rohöl dann zu Benzin oder wieder zu Kunststoffen weiterverarbeitet werden. Seit 2018 wird das ReOil-Verfahren in den Anlagen bei Wien getestet. Pro Stunde können aus 100 Kilogramm Plastikverpackung 100 Liter Rohöl gewonnen werden. Dabei werden 45 Prozent weniger Treibhausgase verursacht als bei gewöhnlichem Öl und der Vorgang ist auch CO2-sparender als die Verbrennung von Kunststoffen. Wie wirtschaftlich das Verfahren tatsächlich ist, wird sich noch zeigen.

Auch der Chef von Hydrodyn, ein Hersteller und Betreiber von Recycling-Anlagen, sieht im Recycling von Plastik ein Geschäftsmodell. Michael Hofmann (HdydroDyn): „Warum sollte nicht auch Kunststoff als nachwachsender Rohstoff gesehen werden? Die Quelle ist nur einfach nicht der Wald in dem Bäume wachsen, sondern die Städte, in denen die Menschen täglich Abfälle produzieren und die Müllmengen wachsen.“ Die Anlagen reinigen den Müll und verarbeiteten ihn zu Granulat mit höchster Reinheit. Das Granulat ist ein weltweit begehrter Rohstoff und wird zu Folien, Platten und Rohren weiterverarbeitet.

Neben HydroDyn Systems in Hamburg gibt es noch weitere Unternehmen, die entsorgtes Plastik durch Recycling zu wiederverwendbarem Rohstoff machen: Herbold Meckesheim, Pla.to und Sorema aus Italien, beispielsweise.

Einweg-Nutzung von Kunststoff als Problem

Das Plastik wird in allen möglichen Produkten „verbaut“, innerhalb der Europäischen Union geht der Löwenanteil mit rund 40% jedoch in Verpackungen. Davon wiederum gelten 90% als Wegwerf- beziehungsweise Einwegprodukte und landen nach kurzem, einmaligen Gebrauch, wieder im Müll.

Umwelttechnisch ein Desaster. Aber auch wirtschaftlich völliger Unsinn, sagt das Weltwirtschaftsforum WEF. Pro Jahr landen so weltweit 120 Milliarden (!!!) US-Dollar nach einmaligem Gebrauch im Müll!

Plastiktüten als Problem

Von Plastiktragetaschen – von denen der durchschnittliche deutsche Haushalt letztes Jahr 24 verbraucht hat (Plastiktütenverbrauch in Privathaushalten), über Reissverschlusstaschen, selbstverschließende Beutel, Shopping-Taschen, Müllsäcke und spezielle Abdeckungen für Paletten und andere Industriegüter – die Plastiktüte ist so nützlich, dass sie nicht zu 100% ersetzbar ist.

Allzu oft wurde die Plastiktüte nur ein einziges Mal benutzt und anschließend entsorgt, ebenfalls viel zu oft nicht sachgemäß – was zur dauerhaften Vermüllung der Weltmeere beitrug. Über die Notwendigkeit, den Verbrauch an Plastiktüten zu reduzieren, herrscht  Einigkeit. Lediglich die Art und Weise, wie die von der EU vorgegebene Reduzierung in Deutschland umgesetzt werden sollte, wurde lange diskutiert. Am Ende der Debatte: Eine freiwillige Selbstverpflichtung des HDE (Handelsverband Deutschland). Die im April 2015 verabschiedete EU-Richtlinie 2015/720, die den Verbrauch von leichten Kunststofftragetaschen (Wandstärke unter 50 Mikron) bis 2019 auf 90 Stück und bis 2025 auf 40 Stück pro Einwohner reduzieren soll, ist längst im Handel angekommen.

Deutschland liegt zwar mit einem Verbrauch von 71 Tragetaschen deutlich unter dem EU-Durchschnitt von 198 Stück pro Einwohner und hat das Ziel von 2019 somit bereits erreicht. Allerdings verläuft der weitere Rückgang des Verbrauches eher schleppend. Die freiwillige Verpflichtung des deutschen Einzelhandels soll dem entgegenwirken: Am 1. Juli startete offiziell die Vereinbarung zur Verringerung des Verbrauchs von Kunststofftragetaschen zwischen dem Bundesministerium  für  Umwelt,  Naturschutz,  Bau  und  Reaktorsicherheit (BMUB) und dem Handelsverband (HDE).

Wie wird Plastik hergestellt?

Bevor wir uns mit dem Recycling und der Wiederverwendung von Plastiktüten beschäftigen, müssen wir zunächst wissen, wie Plastiktüten hergestellt werden. Woraus Plastiktüten hergestellt werden, hängt davon ab, wie sie verwendet werden, aber die meisten der in Verpackungen verwendeten Beutel bestehen aus verschiedenen Polyethylenqualitäten.

Plastiktüten werden aus Öl hergestellt. Tatsächlich werden sechs Prozent des gesamten Öls für die Herstellung von Kunststoffen verwendet, und Plastiktüten machen etwa 40% der Verwendung dieser Kunststoffe aus. Öl wird unter Verwendung von Hitze und Druck zu langkettigen Molekülen aus Polyethylen verarbeitet, die als Kunststoffgranulat ankommen.

Verschiedene Kombinationen von Wärme und Druck erzeugen unterschiedliche Dichten von Kunststoff, wobei Tragetaschen typischerweise aus hochdichtem Polyethylen (HDPE) und Kunststofffolien und dünnere Beutel aus niederdichtem Polyethylen (LDPE) hergestellt werden.

Zur Herstellung von Plastiktüten braucht es Erdöl

Polyethylen-Pellets als Basis

Polyethylen-Pellets sind der Ausgangspunkt für Plastiktüten. Diese Pellets werden erwärmt und zu Folien extrudiert – je nach Verwendung unterschiedlich dick -, die dann auf Maß geschnitten und die Nähte wiederum mit Wärme zu einem Beutel versiegelt werden. Die aus Polyethylen hergestellten Folien gelten als besonders widerstandsfähig: Das Material kann mit großer Kälte (es wird erst bei Temperaturen um -50°C spröde und gilt daher als sehr kältefest) umgehen genauso wie mit großer Hitze: Der Grenzwert für PE-LD* liegt zwischen 70 und 80 °C, bei PE-HD* sogar bei über 100 °C, was beim Schweißen der Folien relevant wird.

Kennzeichnung der Plastikarten

Etiketten oder Aufdrucke mit diesen Kennzeichnungen finden sich auch auf Taschen – und anderen Kunststoffartikeln. Sie beschreiben genauer, woraus sie bestehen und wie sie entsorgt/recycelt werden sollten. Diese beschreiben das/die Material(ien), die bei der Herstellung der Tasche verwendet werden, und wofür sie verwendet werden können. Im Folgenden ein Ausschnitt der Tabelle von Recycling-Codes (wikipedia):

 

Material und Nummervollständiger NameVerwendung, wird recycelt verwendet als
PET – 01PolyethylenterephthalatPolyesterfasern, Folien, Flaschen für Lebensmittel und andere Flüssigkeiten, Lebensmittelverpackungen
PE-HD – 02Polyethylen High-DensityKunststoffflaschen, Abfalleimer, Kunststoffrohre, Kunstholz
PVC – 03PolyvinylchloridFensterrahmen und Rohre
PE-LD – 04Polyethylen Low-DensityKunststofftaschen, Eimer, Seifenspenderflaschen, Kunststofftuben, Folien
PP – 05PolypropylenStoßstangen, Innenraumverkleidungen, Industriefasern, Lebensmittelverpackungen, DVD- und Blu-ray-Hüllen
PS – 06PolystyrolSpielzeug, Blumentöpfe, Videokassetten, CD-Hüllen, Aschenbecher, Koffer, Schaumpolystyrol, Lebensmittelverpackungen
O (Other)Andere Kunststoffe wie Polycarbonat (PC),
Polyamid (PA), Acrylnitril-Butadien-Styrol (ABS),
Polymethylmethacrylat (PMMA),
Polylactide (PLA), u. a.
Die Nr. 7 ist weder in der deutschen Verpackungsverordnung noch in der europäischen Verpackungsrichtlinie definiert. Der Grundsatz lautet: Die Kennzeichnung ist freiwillig, aber wenn ich kennzeichne, dann gemäß Vorgaben. Somit kann die Nr. 7 nicht nach Lust und Laune belegt werden. Das Grundproblem stellt hier die veraltete Rechtsgrundlage dar – so fehlen z. B. auch LLDPE und andere in der Kunststoffverarbeitung eingesetzte Materialien wie EVOH oder Haftvermittler in dieser Aufstellung.

Die Problematik beim Kunststoff-Recycling

Zu überwiegend großem Teil bestehen unsere Kunststoff(einweg)verpackungen aus Verbundmaterial, die Trennung so gut wie unmöglich. Das heißt, verschiedene Kunststoff-Arten müssen zu einem Material „verschmolzen“ werden, das sich im Anschluss wieder verarbeiten lässt und den Ansprüchen zum Beispiel im Lebensmittelbereich entspricht. Komplex – und eine große Herausforderung.

Bislang war, so traurig das klingen mag, der Export der Plastikabfälle nach China der günstigere Weg. Doch die Chinesen nehmen unseren Müll nicht mehr. Gleichzeitig verpflichtet das neue Verpackungsgesetz die Hersteller und Händler zum Recycling.

Im Importstopp für unseren Plastikmüll nach China steckt also eine große Chance für Unternehmen, die jetzt schnell effektive Recyclinganlagen in Betrieb nehmen können. Michael Hofmann zumindest ist zuversichtlich und erwartet einen stark steigenden Umsatz.

Plastikmüll hart umkämpft

Obwohl Deutschland bekannt für die hohe Recyclingquote ist, gibt es deutlichen Verbesserungsbedarf. Zwischen der Recycling-Branche und den Müllverbrennungsanlagen tobt ein Preiskampf. Durch den Erdöl-Anteil ist Kunststoff zur Verbrennung und energetischen Umsetzung ideal. Die Reinigung und das Aufbereiten von Plastik hingegen sind kostenintensiv. Wer am meisten bietet, erhält den Zuschlag für den Plastikmüll und kann ihn weiterverarbeiten. Ein sehr wirtschaftliches, aber kein nachhaltiges Vorgehen.

Neue Ansätze und Regelungen müssen her. Mit dem Verpackungsgesetz und der damit einhergehenden Lizenzierung erfolgte schon ein Schritt in die richtige Richtung. Neben der Forschung zu neuen Recyclingmethoden geht die Entwicklung auch hin zu alternativen Stoffen, wie etwa Biokunststoffe. Das Umdenken hat längst in den Köpfen der Firmen und Verbraucher stattgefunden. Recycling oder Rückgewinnung von Rohöl sind schon vielversprechende Ansätze. Welche Methode sich letztendlich in Zukunft beim Recyceln von Plastik wirtschaftlich durchsetzen kann, wird sich erst noch zeigen.

Ist Plastik jetzt gut oder schlecht?

Die Frage lässt sich nicht eindeutig beantworten. Vielmehr kommt es auf die einzelne Anwendung und Alternativen an. Aber wie die Beispiele zeigen sind Kunststoffe nicht annähernd so schlecht, wie die Berichtserstattung in den Medien vermuten lässt. Plastik kann tatsächlich in vielen Fällen die ökologische Alternative zu anderen – auf den ersten Blick nachhaltigeren Rohstoffen – sein. In einigen Branchen ist Kunststoff überhaupt nicht mehr wegzudenken und zu einem unverzichtbaren Material geworden. Die Empfehlung ist, Plastik nicht leichtfertig einzusetzen, sondern immer zu überprüfen, ob es nachhaltigere Möglichkeiten gibt. Generell gilt: Mehrfaches Wiederverwenden und/ oder umfunktionieren („second life“) verbessert die Ökobilanz. Von jedem Werkstoff. Immer.

Interessant zum Weiterlesen: 10 Mythen über Plastik (swr3.de)

Welche Alternativen zu Plastik in der Verpackung gibt es mittel- und langfristig? Und was können wir bereits heute an unserem Konsumentenverhalten ändern?

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