Was haben Autoreifen und Klebeband gemeinsam?

8 min lesen 12 September 2018
Was haben Autoreifen und Klebeband gemeinsam? Bei ihrer Herstellung spielt Kautschuk eine entscheidende Rolle! Zum Weltkautschuk-Tag haben wir ein paar Fakten zum Thema zusammengetragen… Allen voran: Kautschuk klebt wie Sau!

[Kau-tschuk]

Klingt, als würde hier jemand einen Kaugummi ausspucken. Tatsächlich hat das Wort weniger lautmalerischen Hintergrund. Der Begriff kommt aus dem indianischen und setzt sich zusammen aus den Worten cao für Baum und ochu für Träne.

Was ist Kautschuk?

Kautschuk ist ein natürliches Polymer, das aus dem Milchsaft bestimmter Pflanzen gewonnen wird, insbesondere aus dem Kautschukbaum (Hevea brasiliensis). Es ist auch als Naturkautschuk oder Latex bekannt. Der Milchsaft des Kautschukbaums besteht hauptsächlich aus einem Gemisch von Proteinen, Zuckerarten, Wasser und Kautschukpartikeln.

Wo wird Kautschuk heute noch eingesetzt?

Das vielseitige Naturprodukt, das durch die Jahrhunderte hindurch eine zentrale Rolle in der industriellen Entwicklung gespielt hat, bleibt auch heute ein unverzichtbarer Bestandteil zahlreicher Branchen. Von seinen besonderen physikalischen Eigenschaften bis hin zu seinem breiten Anwendungsspektrum erstreckt sich die Bedeutung des Kautschuks über eine Vielzahl von Industriezweigen. Diese elastische Substanz, sei es in ihrer natürlichen Form gewonnen aus dem Milchsaft des Kautschukbaums oder synthetisch hergestellt, findet sich in Produkten des täglichen Lebens ebenso wie in hochspezialisierten technischen Anwendungen. Viele unserer alltäglich verwendeten Produkte enthalten Kautschuk, so zum Beispiel viele Reifen, aber auch Schuhsohlen oder medizinische Handschuhe.

Heute findet Kautschuk Anwendung in Branchen wie der Automobilindustrie, dem Bauwesen, der Medizin und, in unserem Fall, als Klebemittel für Verpackungen.

Bei einer überwältigenden Zahl der Dinge, die uns im Alltag begegnen, ist Kautschuk verarbeitet: Schnuller, Gummiente, Pflaster, Luftballon – einige der frühsten Kindheitserinnerungen sind untrennbar mit dem Material verbunden. Im Alltag benutzen wir täglich hunderte von Gegenständen aus Naturkautschuk, synthetisch gewonnenem Kautschuk oder aber einer Mischung aus beidem.

Kondome, Autoreifen, Dichtungen, Latexmatratzen, Gummistiefel, Gummihandschuhe, Wärmflasche, beim Hausbau, in der Küche, im Bad, im Fitnessstudio, im Turnschuh, Armbänder, Wasserball…

Über 23 Millionen Tonnen Kautschuk werden pro Jahr weltweit produziert und verarbeitet.

Die Eigenschaften von Kautschuk

Das Material zeichnet sich durch eine Reihe von charakteristischen Eigenschaften aus, die es zu einem äußerst vielseitigen und wertvollen Material machen. Diese Eigenschaften lassen sich in zwei Hauptkategorien unterteilen:

Physikalische Eigenschaften

  • Elastizität: Das Material ist äußerst elastisch und kann sich nach Verformung oder Dehnung wieder in seine ursprüngliche Form zurückbilden. Diese Elastizität macht es ideal für Anwendungen, die eine flexible und widerstandsfähige Materialien erfordern.
  • Flexibilität: Es ist flexibel und kann gebogen, gedehnt und verdreht werden, ohne zu brechen. Dies macht es besonders gut geeignet für Produkte, die sich an verschiedene Formen und Oberflächen anpassen müssen.
  • Zugfestigkeit: Kautschuk besitzt eine hohe Zugfestigkeit, was bedeutet, dass es starken Zugkräften standhalten kann, ohne zu reißen oder zu brechen. Diese Eigenschaft macht es ideal für Anwendungen, bei denen eine hohe Belastbarkeit erforderlich ist, wie z.B. bei der Herstellung von Reifen oder Gurten.
  • Beständigkeit gegenüber Abrieb: Das Material ist gegenüber Abrieb und Verschleiß beständig, was bedeutet, dass es auch unter rauen Bedingungen eine lange Lebensdauer hat.

Chemische Eigenschaften

  • Beständigkeit gegenüber verschiedenen Substanzen: Kautschuk ist beständig gegenüber vielen chemischen Substanzen wie Ölen, Säuren, Basen und Lösungsmitteln. Dies macht es geeignet für den Einsatz in verschiedenen Umgebungen, in denen chemische Beständigkeit gefordert ist.
  • Alterungsbeständigkeit: Kautschuk altert im Vergleich zu anderen Materialien relativ langsam und behält seine Eigenschaften über einen längeren Zeitraum bei.
  • Verarbeitbarkeit: Kautschuk ist gut verarbeitbar und kann in verschiedene Formen und Größen gebracht werden, entweder durch Formpressen, Extrudieren oder Spritzgießen.

Wie wird Kautschuk gewonnen beziehungsweise hergestellt?

Die Überschrift verrät es schon: Die Herstellung des „Wundergummis“ erfolgt entweder durch die Gewinnung aus dem Milchsaft des Kautschukbaums (natürlicher Kautschuk) oder durch die synthetische Herstellung aus verschiedenen petrochemischen Rohstoffen (synthetischer Kautschuk).

Naturkautschuk

Der Begriff geht zurück auf den Gewinnungsprozess: Denn den Rohstoff für natürliches Kautschuk gewinnt man aus dem Milchsaft des tropischen Kautschukbaumes. Dazu wird die Rinde des bis zu 20 Meter hohen Baumes von Hand bogenförmig angeschnitten. Der austretende Milchsaft (= Latex) verschließt, ähnlich dem Baumharz, die Verletzung und verhärtet sich zu einer gummiartigen Masse – zum Schutz gegen das Eindringen von Insekten, Pilzen oder Bakterien. Anschließend wird der Rohstoff gewaschen, getrocknet und zu Blöcken oder anderen Formen geformt. Diese Blöcke werden dann weiterverarbeitet, entweder durch Rollen zu dünnen Folien oder durch Formpressen in verschiedene Produkte.

Wo wird Kautschuk gewonnen?

Der Kautschuk-Gürtel ist kein Kleidungsstück: An erster Stelle steht bei der Erzeugung Thailand mit einer Menge von 3,1 Mio t/Jahr, dann folgen Indonesien mit 2,8 Mio. t, Malaysia mit 1,3 Mio. t Indien mit 770.000 t Vietnam und China mit je ca. 600.000 t. Indien und China treten aufgrund hohen Eigenbedarfs jedoch als Rohstoffexporteure praktisch nicht in Erscheinung.  Aufgrund der geografischen Lage der Anbaugebiete entlang des Äquators ist auch vom Kautschuk-Gürtel die Rede.

Synthetischer Kautschuk

Von den über 23 Millionen Tonnen Kautschuk aus weltweiter Produktion, werden inzwischen rund 60% synthetisch aus Erdöl hergestellt. Synthetischer Kautschuk wird durch die Polymerisation von petrochemischen Monomeren hergestellt, wie z.B. Styrol, Butadien, Acrylnitril oder Ethylen. Diese Monomere werden unter spezifischen Bedingungen miteinander vermischt und polymerisiert, um lange Ketten von Kautschukmolekülen zu bilden. Es gibt verschiedene Arten von synthetischem Kautschuk, die je nach den verwendeten Monomeren und Polymerisationsmethoden unterschiedliche Eigenschaften aufweisen. Beispiele hierfür sind Styrol-Butadien-Kautschuk (SBR), Nitrilkautschuk (NBR), Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk (EPDM) und viele andere.

Zirka 60% des benötigten Kautschuk stammen aus synthetischer Herstellung. Das heißt aber auch: Naturkautschuk ist mit 40% an der Gesamtmenge nach wie vor extrem gefragt. Und das aus guten Gründen!

Naturkautschuk ist ein nachwachsender Rohstoff

Naturkautschuk wird schonend von Hand gewonnen und ist ein nachwachsender Rohstoff. Der Energieaufwand zur Gewinnung, Herstellung und Transport des Naturkautschuks beträgt etwa nur 10% des Aufwands bei der Gewinnung und Herstellung der chemischen Herstellung von Syntheselatex. Naturlatex ist frei von Lösungsmitteln, FCKW und krebserregenden chemischen Weichmachern.

Naturkautschuk vs. Synthetischer Kautschuk

Die Wahl zwischen natürlichen und synthetischen Kautschukarten hängt schlußendlich von verschiedenen Faktoren ab, darunter die benötigten Eigenschaften des Endprodukts, Verfügbarkeit, Kosten und Umweltaspekte. Beide Arten von Kautschuk spielen jedoch eine wichtige Rolle in der modernen Industrie und finden Anwendung in einer Vielzahl von Produkten und Branchen.

Haben Sie sich schon einmal Gedanken gemacht, welche Anforderungen an das Material eines Autoreifens gestellt werden? Hart muss er sein, um möglichst wenig Rollwiederstand und damit möglichst geringen Treibstoffverbrauch zu gewährleisten. Weich soll er sein, damit die Oberfläche griffig genug ist, um durch Haftung auf der Straße einen kurzen Bremsweg zu gewährleisten.

 

Hart und Weich? Natur und Synthetik? Ist das nicht alles etwas widersprüchlich?

Nicht unbedingt. Die Reifenindustrie bedient sich einfach der Vorteile von Naturkautschuk und der Vorteile synthetisch hergestellten Kautschuks. So sind beispielsweise Flugzeugreifen oder Lastwagenreifen, die extreme Lasten und Belastungen aushalten müssen, größtenteils aus Naturkautschuk, während die Sommerreifen eines Autos einen hohen Anteil an Synthetik-Kautschuk aufweisen.

40% der weltweit verarbeiteten Menge sind Naturkautschuk, 60% stammen aus synthetischer Herstellung.

  • Vorteile von Naturkautschuk: Sehr variabler Härtebereich verfügbar, hohe Festigkeit, hohe Weiterreissfestigkeit, geringe Druckverformung, beständig gegen organische Chemikalien
  • Nachteile von Naturkautschuk: empfindlich gegen Öl, geringe Hitzeresistenz (Temperaturen bis max. 70-100 grad Celsius)
  • Einsatzbereiche von Naturkautschuk: z.B. Dichtungen, Dämpfungen, Förderbänder, Lastwagenreifen

Darum klebt Kautschuk so gut

Auch wir bei RAJA greifen immer, wenn es die Anforderungen an das Produkt zulassen, auf den natürlichen Kautschuk zurück. So finden Sie beispielsweise im Bereich Arbeitsschutz Produkte aus 100% Naturkautschuk, wie Fußmatten oder Schutzhandschuhe.  Und bei vielen Klebebändern verwenden wir Naturkautschuk als Klebstoff, aufgrund seiner hohen Dauerhaftung auf verschiedensten Oberflächen. Die außergewöhnliche Klebekraft erklärt sich aus einer Kombination verschiedener Eigenschaften:

Haftungseigenschaften:

Das Material besitzt eine natürliche Klebrigkeit, die auf die Anwesenheit von klebrigen Molekülketten zurückzuführen ist. Diese Moleküle interagieren mit der Oberfläche des Substrats und erzeugen eine starke Haftung, die das Kautschukmaterial an Ort und Stelle hält.

Flexibilität und Elastizität:

Es ist äußerst flexibel und elastisch, was bedeutet, dass es sich leicht verformen und an die Oberfläche des Substrats anpassen kann. Diese Flexibilität ermöglicht eine bessere Kontaktfläche zwischen dem Kautschuk und der Oberfläche, was zu einer verbesserten Haftung führt.

Zwischenmolekulare Kräfte:

Kautschukmoleküle können auch zwischenmolekulare Kräfte wie Van-der-Waals-Kräfte und Dipol-Dipol-Wechselwirkungen mit der Oberfläche des Substrats bilden. Diese Kräfte tragen zur Haftung bei, indem sie eine zusätzliche Bindung zwischen dem Kautschuk und der Oberfläche erzeugen.

Klebstoffzusätze:

Bei der Herstellung von Kautschukklebstoffen können verschiedene Zusätze wie Harze, Weichmacher und Haftvermittler zugesetzt werden, um die Haftung und Klebrigkeit weiter zu verbessern.

Kommentare (5)
  1. Vielen Dank! Wieder einmal etwas gelernt. 🙂 Ich frage mich nur, welche Voraussetzungen die Kautschukbäume haben und warum sie zum Beispiel gerade in Malaysia wachsen. Hat das was mit der Lage am pazifischen Feuerring und den damit verbundenen Vulkanausbrüchen zu tun, die den Boden fruchtbarer machen? Liebe Grüße:)

    • Hallo Julia,
      ganz ehrlich, da müssen wir uns auch erst mal schlau machen 😉 Wir kriegen das für Sie raus und melden uns wieder…
      Und Danke für das Lob, freut uns sehr!
      Viele Grüße, Ihr Raja-Team

  2. Hallo Herr Kirch,
    vielen Dank für Ihre Anfrage. RAJA als Verpackungsgroßhändler kauft seine Verpackungslösungen (größtenteils zentral über die Gruppe bei europäischen Herstellern) ein und hat daher keine eigene Produktion.
    Alles Gute für Ihre Zeit in Thailand und viele Grüße,
    Ihr RAJA-Team

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