Inventur – Tipps zur erfolgreichen Durchführung

8 min lesen 20 Dezember 2022
Inventur: Allein der Name lässt bei vielen Unternehmern schon ein ungutes Gefühl aufkommen. Zum einen ist eine Inventur meist sehr kosten- und zeitintensiv, zum anderen kann die notwendige Prozedur auch an den Nerven zehren. Doch in den meisten Fällen ist die Frage gar nicht ob, sondern eher wie die Inventarisierung möglichst effizient gestaltet werden kann, denn vermeiden lässt sie sich in der Regel nicht.

Was ist eine Inventur und was gilt es zu beachten?

Die Inventur bezeichnet die Bestandsaufnahme der Vermögensgegenstände und der Schulden in einem Unternehmen zu einem bestimmten Stichtag. Bei der Inventur werden somit alle Gegenstände erfasst und dokumentiert. Sie muss jedes Jahr zum Abschluss des Geschäftsjahres, dem Bilanzstichtag durchgeführt werden. Der Bilanzstichtag ist meistens der 31.12.. Auch bei Gründungen, Unternehmensübernahmen oder Geschäftsaufgabe muss eine Inventur durchgeführt werden. Das Ergebnis der Inventur ist das Inventar, welches dann die Grundlage für die Bilanz bildet.

Wussten Sie...?
Das bei einer Inventur ermittelte Inventar fließt in die Bilanz ein. In der Bilanz werden alle Einnahmen, Ausgaben, Vermögen und Schulden gegenübergestellt.

Was sind die Vorteile der Inventur?

Die Inventur ermöglicht den Überblick über den tatsächlichen Warenbestand. Durch die Dokumentation der Vermögenswerte lässt sich die finanzielle Situation eines Unternehmens besser einschätzen. Die Bestandsaufnahme minimiert Lagerkosten, da Lagerhüter erkannt und aussortiert werden können. Auch die Preisstrategie kann durch eine Inventur angepasst werden da man Bestand und Nachfrage begleichen kann. Auch Diebstähle können bei der Inventur erkannt werden und entsprechende Sicherheitsmaßnahmen ergriffen werden.

Welche gesetzlichen Vorschriften regeln die Inventur?

Jeder der zur doppelten Buchführung verpflichtet ist, muss eine jährliche Bilanz und damit auch eine Inventarisierung durchführen. Das wird rechtlich genau geregelt:

  • Im § 240 Handelsgesetzbuch (HGB) ist die Pflicht zur Aufstellung eines Inventars für handelsrechtliche Zwecke geregelt.
  • § 241 HGB legt die Vereinfachungsverfahren für die Inventur fest.
  • § 140 und § 141 der Abgabenordnung (AO) regelt die steuerliche Buchführungspflicht.

Was wird bei der Inventur gezählt?

Bei der Inventur werden grundsätzlich alle Vermögenswerte eines Unternehmens erfasst. Zu den Vermögenswerten gehören Bargeld, sämtliche Waren- oder Lagerbestände und Arbeitsmaterialien, wie Büromaterial und -möbel, Werkzeuge, Maschinen und Ersatzteile usw. Bei Gegenständen die nur mit unverhältnismäßigem Aufwand erfasst werden können zum Beispiel Verbrauchsmaterial wie Nägel oder Schrauben ist eine Schätzung ausreichend. Hier empfiehlt sich auch der Einsatz einer Zählwaage.

Wer einen Schlachtplan für die Inventur hat, der kann die Zeit, die dafür aufgewendet werden muss, deutlich verkürzen. Man sollte sich erst einmal ein paar grundsätzliche Fragen stellen, die das weitere Vorgehen erleichtern:

  • Welche Art der Inventur bevorzuge ich?
  • Wann soll diese durchgeführt werden?
  • Wie viel Zeit plane ich dafür ein?
  • Wie viel Personal steht mir dafür zur Verfügung?
  • Und als Motivation: Welche Folgen drohen mir, wenn ich die Inventur nicht durchführe?

Welche Inventurarten gibt es?

Da der Bilanzstichtag häufig auf den 31.12. fällt, und damit aufg einen Tag an dem meist nicht viel Personla zur Verfügung steht gibt es vom Gesetzgeber sogenannte Inventurvereinfachungsverfahren. Man unterscheidet folgende Inventurarten:

Stichtagsinventur

Bei der Stichtagsinventur wird an einem festgelegten Tag, dem Bilanzstichtag der Warenbestand aufgenommen und gezählt. Je nach Größe eines Unternehmens besteht auch die Möglichkeit diese Art der Inventur über bis zu 10 Tage zu verteilen, sofern in diesem Zeitraum alle Buchungen, die zur Warenbestandsänderung führen, nachvollzogen werden können. In der Regel ist der Stichtag der 31.12 eines jeden Jahres, da hier bei den meisten Unternehmen das alte Geschäftsjahr endet. Da sich ein solch großer Aufwand meist nicht in kurzer Zeit bewältigen lässt, gewährt der Gesetzgeber eine Übergangsfrist von 10 Tagen nach dem Bilanzstichtag, die jedoch die Inventur nur nach hinten verschiebt und alles ein Stück weit komplexer werden lässt. Wer also die nötige Personalkraft besitzt, sollte schauen, dass die Inventur an einem einzigen Tag durchgeführt werden kann.

Stichprobeninventur

Bei der Stichprobeninventur werden nur ausgewählte und repräsentative Stichproben genommen. Auf der Grundlage dieser Stichproben erfolgt dann eine Hochrechnung auf den Gesamtbestand. Das bedeutet zwar eine erhebliche Zeitersparniss aber auch keinen tatsächlichen Bestandsüberblick. Das Ergebnis ist rein statistisch.

Permanente Inventur

Die Permanente Inventur erfolgt kontinuierlich, der Lagerbestand wird meist mithilfe des Warenwirtschaftssystems fortlaufend erfasst und aktualisiert. Sie ist nur bedingt einfacher, denn eine Sache kann einem kein noch so gutes Computerprogramm abnehmen: Das manuelle Zählen der tatsächlich vorhandenen Güter, die mit dem Bestand im System verglichen werden müssen um mögliche Abweichungen zu entdecken. Durch beispielsweise Diebstähle oder falsche Buchungen beim Warenein- und ausgang wird es sehr wahrscheinlich dazu kommen, dass es Diskrepanzen bei den Zahlen gibt.

Zeitverschobene Inventur

Ist eine permanente Inventur nicht machbar und eine Inventur zum Stichtag nicht möglich, kann beim zuständigen Finanzamt eine Zeitverschobene Inventur beantragt werden.  Es gibt 2 Arten: Die vorverlegte Inventur findet an einem Tag innerhalb der letzten drei Monate vor dem Bilanzstichtag statt. Die nachverlegten Inventur wirdinnerhalb der ersten zwei Monate nach dem Bilanzstichtag durchgeführt.

Es empfiehlt sich im Übrigen in regelmäßigen Abständen eine freiwillige Inventur durchzuführen: Das hat zwei große Vorteile. Zum einen kann man beispielsweise in der Jahresmitte eine Einschätzung über den Warenbestand gewinnen und so einen Einblick in die Zahlen erhalten, den man in der Regel in dieser Form nur selten hat. Zum anderen kann man negativen Entwicklungen entgegenwirken und Lagerbestände abbauen, da diese meist Kosten verursachen, die sich vermeiden lassen.

Wie viel Zeit und Personal plane ich für die Inventarisierung ein?

Das hängt ganz von der individuellen Beschaffenheit des Unternehmens ab. Große Unternehmen mit dutzenden Mitarbeitern und tausenden Warenbeständen, sollten auf jeden Fall gut planen, bevor eine Inventur durchgeführt wird. Zwar hilft der große Mitarbeiterbestand die zu zählenden Posten schneller zu erfassen, doch in der Regel ist der Warenbestand hier ungleich höher, als bei einem kleinen Unternehmen mit nur wenigen Mitarbeitern. Je effizienter die Mitarbeiter arbeiten, desto schneller geht es voran und so sollten Bestände idealerweise in einem Tag erfasst werden, da jeder zusätzliche Tag zum Zählen zusätzlicher Maßnahmen bedarf, sofern es während der Inventarisierung nicht möglich ist, laufende Prozesse zu pausieren – bei einem Onlineshop beispielsweise laufen weiterhin Bestellungen ein.

Eine Inventur kann nur schwer nebenher und während des Tagesgeschäfts erledigt werden. Diese Aufgabe erfordert Konzentration und die Bestände müssen für die Zeit der Inventarisierung konstant sein. Es ist daher wichtig, passend zu planen. Keiner der Mitarbeiter will bis spät in die Nacht beschäftigt mit Zählen sein, nur weil zu wenig Personal dafür veranschlagt wurden. Sollte man in der Vorjahresinventur mit den damals helfenden Mitarbeitern eine zeitliche Punktlandung hingelegt haben, dann müssen im aktuellen Jahr weitere Kapazitäten mit der Aufgabe betraut werden, denn in der Regel kommen neue Produkte hinzu, nicht alle Mitarbeiter sind gleich schnell und nicht zuletzt sollte man immer einen Puffer einbauen, denn es kann immer etwas Unvorhergesehenes passieren. Wer auf Kante plant, muss mit unangenehmen Überraschungen rechnen, die sich mit durchdachter Planung vermeiden lassen.

Was passiert wenn ich keine Inventur mache?

In den meisten Fällen ist es keine Option eine Inventur durchzuführen, sondern ein absolutes Muss. Wer die jährliche Bestandsprüfung nicht oder schlampig durchführt, der riskiert eine genauere Betriebsprüfung durch das Finanzamt. Dieses sucht explizit nach steuerlichen Ungereimtheiten, die die Inventur betreffen. Sollten Fehler oder Diskrepanzen bei der Buchhaltungsführung auftreten, so kann der entsprechende Prüfer Schätzungen für den Umsatz und Gewinn vornehmen. Meist fallen diese Schätzungen nicht zugunsten des Unternehmens aus und so kann es zu Steuernachzahlungen kommen, die je nach Größe des Unternehmens existenzgefährdend für einen Betrieb werden können.

Es gibt deshalb zwei wichtige Punkte bei der Inventur, die absolute Priorität haben: Zum einen die Vollständigkeit, denn jeder nicht erfasste Warenbestand ist ein grob fahrlässiger Fehler. Zum anderen die Sorgfalt, denn Diskrepanzen bei den Beständen führen zu Ungereimtheiten bei den Soll-Zahlen, die man als Unternehmen wohl oder übel erklären muss. Um Überraschungen zu vermeiden, Inventurlisten führen und jeden Bestand doppelt prüfen.

Positiv bleiben

Es ist eine große Aufgabe, aber eine, um die man als Unternehmen nicht herumkommt. Deshalb gibt es nur eines zu tun: Positiv bleiben und die Sache bestmöglich zu einem Abschluss bringen. Sieht man es aus betrieblicher Sicht, so ergeben sich bei der Inventur schließlich auch Chancen. Man kann seine Strategie überdenken, Ursachenforschung bei Diskrepanzen bei den Warenbeständen betreiben und Steuern sparen, wenn man akribisch arbeitet. Eine gut durchgeführte Inventarisierung beruhigt das eigene Gewissen und man kann voller Zuversicht auf das kommende Geschäftsjahr blicken.

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