Transportsicherung – wer haftet?

6 min lesen 08 September 2015
Wer haftet eigentlich, wenn beim Transport Ware beschädigt wird oder verloren geht? Aufgrund der vielen „Beteiligten“ im Transport eine durchaus komplexe Frage. Welche Rechten und Plichten hat der Käufer, der Verkäufer, der  Transportdienstleister, der Fahrer bzw. der Fahrzeughalter?
Zugegeben: Gelegentlich hatte ich im Physikunterricht allenfalls eine vage Ahnung davon, wie mir all die Formeln und Berechnungen einen praktischen Dienst erweisen werden können. Da war die Rede von Flieh-, Trägheits- und Reibungskraft, von Hebelwirkung, Beschleunigung und Gewichtskraft. Tatsächlich wirken eine Vielzahl dieser Kräfte tagtäglich auf uns ein, viele machen wir uns – oft unbewusst – zunutze: Wenn der Einkaufskorb bei einer womöglich etwas abrupteren Bremsung nicht vom Beifahrersitz rutscht, dann, vereinfacht ausgedrückt, dank einer günstigen Kombination aus Eigengewicht(-skraft) und Reibwert des Sitzbezuges.

Verantwortlichkeiten in der Transportsicherung

Aber wer haftet denn nun für Schäden bei der Beförderung von Waren mit dem LKW? Potentiell verantwortlich: Der Absender, der Verlader, der Fahrzeugführer und zu guter Letzt der Fahrzeughalter.

Der Absender hat nach § 411 HGB die Pflicht, das Gut (…) so zu verpacken, dass es vor Verlust und Beschädigung geschützt ist und dass auch dem Frachtführer keine Schäden entstehen. Weiter geht aus dem Gesetz (und aus dem gesunden Menschenverstand) hervor: Der Absender hat die Pflicht, das Gut in (Container) oder auf (Palette) einem Ladungsträger beförderungssicher zu stauen und zu sichern und, falls nötig, zu kennzeichnen.

Lassen wir doch mal gedanklich eine Palette mit 3 großen, übereinandergestapelten Kartons von der Spedition abholen.

Beförderungssicher im Sinne des LKW-Straßentransportes ist eine Ladung, wenn sie den Kräften einer Vollbremsung (0,8g) und den Kräften einer Ausweichbewegung (0,5g) widerstehen kann.

Für unsere Palette bedeutet dies, dass die Ladung zuverlässig mit der Palette verbunden werden muss, so dass Packstücke und Ladungsträger auch bei 0,8g (im Eigentest lässt sich dies mit einem Kippwinkel von 38 Grad simulieren!) nicht „eigene Wege“ gehen. Man spricht von der Herstellung einer Ladungseinheit.

Transportsicherung: Wer ist wofür verantwortlich?

Eine „Grauzone“: Rechtlich ist der Absender auch noch für die Verladung der Palette auf den LKW zuständig – in der Praxis jedoch übernimmt hier bereits der Spediteur, mit Hubwagen und/oder Hebebühne. Falls der Verlader jedoch Mängel bemerkt, muss er darauf hinweisen und Anweisungen zur Korrektur geben.

Nach Angaben des Verbandes mussten die Versicherer in Deutschland 2018 für Transportschäden mehr als 1,2 Milliarden Euro bezahlen. Ein nicht unerheblicher Teil davon war demnach auf unzureichende Ladungssicherung zurückzuführen.
(gdv)

Zahlen zur Ladungssicherung auf deutschen Straßen

Nach Erhebungen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), der über Jahre zusammen mit der Polizei Lastwagen auf den Autobahnen kontrollierte, ist die Ladung sogar in 70 Prozent der Fälle nicht richtig oder – was noch häufiger vorkommen soll – gar nicht gesichert. Diese und mehr Zahlen: gosslar-institut.de

Ladungssicherung: Pflichten und Verantwortlichkeiten

Die Ladungssicherung schließlich liegt auch rechtlich in der Verantwortung des LKW-Fahrers als Frachtführer. Er muss also verhindern, dass die Paletten auf der Ladefläche herumrutschen oder, im schlimmsten Fall, sogar umkippen kann – und zwar vor Fahrtantritt sowie, falls nötig, auch unterwegs durch zum Beispiel nachzurren der Spanngurte.

Dies kann er jedoch nur dann, wenn der Fahrzeughalter (die Spedition) seine Pflicht erfüllt hat! Diese besteht nämlich darin, ein für die jeweilige Fracht geeignetes Transportfahrzeug sowie die geeigneten Transportsicherungsmittel zur Verfügung zu stellen, wie beispielsweise die nötigen Zurrpunkte im LKW.

Fristen und Haftungsausschluss

Leider sind in der Praxis auch bei äußerlich unversehrter Verpackung Transportschäden nicht generell auszuschließen. Mangelnder Polsterschutz oder unsachgemäße Handhabung während des Transportweges können zur Folge haben, dass der Inhalt der Lieferung beschädigt ist. Daher empfiehlt es sich immer, die Ware direkt bei Erhalt zu prüfen um eventuelle Schäden sofort auf den Frachtpapieren vermerken zu können. Auch umgekehrt ärgerlich: Sie haben Ware versendet und erhalten erst Wochen später eine Reklamation wegen vermeintlichen Transportschäden. Wer muss dann für die Schäden aufkommen?

Im Handelsgesetzbuch (HGB) widmen sich dieser Frage der Haftung bei Transportschäden die Paragraphen 425, 426 und 427:

Haftung bei Transportschäden gemäß HGB

Haftung nach § 425 HGB

Bei Warenbeschädigungen, die auf dem Transportweg entstanden sind, haftet der Frachtführer. Allerdings ist zu prüfen, ob  Absender oder Empfänger möglicherweise mit für den Schaden verantwortlich sind, zum Beispiel wenn bei der Warenannahme durch Verschulden eines eigenen Mitarbeiters etwas zu Bruch geht.

Haftung nach § 426 HGB

§ 426 HGB dagegen schränkt die Haftung des Frachtführers wieder ein. Trifft ihn nämlich nachweislich für die entstandenen Transportschäden keine Schuld, zum Beispiel bei einem nicht von ihm verschuldeten Verkehrsunfall während des Transports, ist er nicht haftbar.

Haftung nach § 427 HGB

Auch § 427 schränkt die Haftung des Frachtführers weiter ein. Hier werden unter dem Überbegriff der besonderen Haftungsausschlussgründe auch sehr konkrete Beispiele genannt. Darunter: Mangelnde oder falsche Verpackung sowie eine ungenügende Warenkennzeichnung.

Auf wirtschaftswissen.de/ erklärt:

„Grundsätzlich haftet ein Frachtführer nur für solche Schäden, die zwischen der Übernahme und der Ablieferung der Waren entstanden sind – juristisch: die Obhutsphase. Der entstandene Schaden muss als solcher auch festgestellt werden. Deshalb gilt: Prüfen Sie die angelieferte Ware immer sofort auf eventuelle Beschädigungen.“

Wer trägt im B2B-Geschäft die Transportgefahr?

Gefunden bei der IHK Leipzig:

Der (gewerbliche) Käufer. § 447 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bestimmt, dass die Transportgefahr auf den (gewerblichen) Käufer übergeht, sobald der Verkäufer die Sache dem Spediteur, Frachtführer oder der zur Ausführung der Versendung bestimmten Person oder Anstalt ausgeliefert hat. Wird die Ware auf dem Weg zum (gewerblichen) Kunden beschädigt, kann dieser keinen Ersatz verlangen.

Wer trägt im B2C-Geschäft die Transportgefahr?

Gefunden bei der IHK Leipzig:

Der Versender. Die Regelung des § 447 BGB gilt nicht für den sogenannten Verbrauchsgüterkauf, bei dem der Verbraucher beim Versender (Unternehmer) Produkte kauft (§ 474 Abs. 2 BGB). Hier trägt der Unternehmer stets das Transportrisiko. Der Verbraucher kann Ersatz verlangen, wenn die Ware auf dem Weg beschädigt wird oder verloren geht. Hiervon können auch keine abweichenden Vereinbarungen getroffen werden (§ 475 Abs. 1 BGB)

Es empfiehlt sich also, als Absender, Verlader, Frachtführer und Fahrzeughalter in Personalunion, den Einkaufskorb zukünftig anschnallen. Ich erinnere mich dunkel: Hat irgendwas mit der Trägheit zu tun. Angewandte Physik…

Was droht bei nicht ausreichend gesicherter Ware?

Schlecht gesicherte Ware beim Transport ist nicht nur unfassbar gefährlich, sondern kann auch teuer werden – auch wenn es „gut geht“: Der Bußgeldkatalog 2020 sieht zum Beispiel bei nicht vor­schrifts­gemäß gesi­cherter Ladung eine grundsätzliche  Gefährdung anderer und berechnet 75,- Euro sowie einen Punkt in Flensburg.

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